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Das geballte Leben – Veranstaltungen im größeren Sozialraum

Alle Grundprinzipien, die für eine gelingende Kommunikation zwischen zwei und mehr Menschen wichtig sind, die für die Gestaltung von Räumen und Settings und die Flexibilität bei Methoden können auch in größeren Strukturen, wie Quartieren oder Stadtfesten, Anwendung finden. Nur stoßen sie dann auf das geballte Leben mit noch mehr Facetten.

Vielen Seniorenbüros ist bewusst, dass neben Altersdiskriminierung, Rassismus, Geschlechter-Vorstellungen auch Bildungs- und Wohlstandsbiografien den Sozialraum prägen. Das Beispiel des Projektes „Tauschen statt Kaufen – Tauschbox“ soll dies veranschaulichen.

Quartiersarbeit – vielfältig und vernetzt

Ursprünglich wurde das Konzept einer feststehenden Tauschbox, an der regelmäßige Aktionen und Bildungsangebote stattfinden, vom Hamburger Seniorenbüro entwickelt. Dort konnte es nicht umgesetzt werden. Der Quartierstreff Leben im Alter, L-I-A e.V., in Bocholt übernahm die Ideen. L-I-A e.V. hat seinen Standort in einer Wohnanlage. Das Viertel ist geprägt durch viele Bürgergeldempfänger:innen, Alleinerziehende, Alteingesessene wie Neu-Hinzugezogene, mit und ohne internationale Familiengeschichte, und Studierende. Durch das Projekt soll in der Nähe des Quartierstreffs ein festinstalliertes Gartenhäuschen errichtet und zu einer Tauschstation werden. Nicht benötigte Gegenstände können abgegeben werden, die sich andere nehmen können. Dazu werden unter anderem auch Menschen zu Kümmerer:innen fortgebildet, die die Betreuung der Tauschbox zu bestimmten Öffnungszeiten übernehmen wollen.

Um die Tauschbox mit dem Aspekt der gegenseitigen nachbarschaftlichen Hilfe vorzubereiten, wurden schon seit Ostern mehrere Veranstaltungen durchgeführt, zu denen die Bewohner:innen des Vierteils eingeladen wurden.

„Essen lockt“ ist ebenfalls eine Erfahrung, die viele Organisator:innen in Seniorenbüros kennen. In Bocholt wurde das Prinzip mit einem Ernährungsworkshop kombiniert und spaßvoll für Jung und Alt umgesetzt. Die Rückmeldung nach der Veranstaltung zeigte, dass die Menschen unabhängig von Herkunft und Alter tatsächlich miteinander ins Gespräch kamen und Kontakte knüpften. Für das Projekt „Tauschen statt Kaufen“ bieten diese und andere Veranstaltungen die Gelegenheit, Menschen anzusprechen, darauf hinzuweisen, niederschwellig Bedarfe zu erahnen und vor allem Vertrauen zu den Quartiersmitarbeiter:innen aufzubauen.

Über einen längeren Zeitraum hinweg sollen dadurch die Menschen ermutigt werden, die Tauschbox auch als Ort zu nutzen, an der sie Wünsche und Gesuche nach weiterer Unterstützung aufhängen können – und so ein eigenständiges Netzwerk für gegenseitige nachbarschaftliche Hilfe entwickeln – oder sich in ihrem unmittelbaren Umfeld wohler fühlen. Wie weit das klappt, wird bis Ende 2025 wissenschaftlich evaluiert.

Möglich wird dieses Projekt nicht nur durch die Unterstützung der Stiftung Mitarbeit, finanziert von der Stiftung Mercator, sondern auch durch die Vernetzung des Vereins mit dem Seniorenbüro, dem Integrationsbeauftragten und der Stabsstelle Soziale Planung und Quartiersarbeit der Stadt Bocholt, die im Vorfeld bei Genehmigungen, Planungen und Konzeption aktiv und engagiert unterstützt haben. Weitere Akteure im Netzwerk sind die LEG Wohnen NRW GmbH und die Bocholter Heimbau eG, die bei den Aktivitäten jedoch im Hintergrund stehen.

Dass eine gute Vernetzung zu Synergien führt, ist auch keine Neuigkeit, hier aber ist es gelungen, sich so zu öffnen, dass intergenerativ und kultursensibel Veranstaltungen umgesetzt werden und viele Menschen aktiv teilnehmen. Das liegt sicherlich auch daran, dass die Aktivitäten zur Tauschbox, der Quartierstreff und zukünftige Standort in unmittelbarer Nachbarschaft liegen. Die Gestaltung des Sozialraumes fällt mit positiv erlebten, regelmäßigen Aktivitäten zusammen.

Seniorenbüros – vernetzt und interkulturell offen für verschiedene Perspektiven

So wie ein Verein von der Vernetzung mit einem Seniorenbüro profitiert, profitieren Seniorenbüros natürlich auch von der Vernetzung mit Vereinen. Bei dem Prozess der Interkulturellen Öffnung stellt sich auch auf struktureller Ebene die Frage, welche Interessen und Perspektiven bei Entscheidungen eine Rolle spielen können. Seniorenbüros sind als Teil einer Kommune aktiv und können sich daher auch mit anderen kommunalen Einheiten vernetzen. Nur, seien es Ämter oder Beiräte, nach wie vor fehlen dort ebenfalls (noch) die unterschiedlichsten Perspektiven.

Dieser Herausforderung stellt sich das Seniorenbüro in Flensburg (Fachstelle für Pflege und Kultur 50+/ Kultur und Bildung 50+) durch die Einbindung eines Förderbeirates, der an den Entscheidungen für die Mittelverwendung mitwirkt. In diesem Förderbeirat sind auch Mitglieder von Migrantenselbstorganisationen vertreten. Bei Veranstaltungen wie dem Märchensommer wurde sich für mehrsprachiges Vorlesen verschiedener Märchen aus anderen Ländern entschieden Die städtische Veranstaltung ist sehr beliebt und alleine die mehrsprachige Einbettung in sonntägliche Angebote trägt zu mehr Repräsentanz im Stadtleben bei.

Auch das Seniorenbüro in Düren (dort das Amt für Generationen, Demografie, Inklusion und Sozialplanung, Koordinationsstelle „Pro Seniorinnen und Senioren im Kreis Düren) veranstaltet regelmäßig Ferienaktivitäten. Im Vorfeld und in der Vorbereitungsphase achten die Mitarbeiter:innen darauf, verschiedene Kooperationspartner:innen zu gewinnen. Ein Veranstaltungstag kann so aus einer Nähwerkstatt, angeboten von einer Geflohenen, einem Bewegungsangebot für Alle, einer Malwerkstatt für Alt und Jung und der Herstellung eines Obstsalates in einem Mehrgenerationenhaus bestehen, an denen Menschen je nach Interesse mitmachen, miteinander ins Gespräch kommen und sich bei den nächsten Veranstaltungen noch näher kennenlernen.

Die Strategie, über mehrere Tage hinweg verschiedene Aktivitäten anzubieten, führt dazu, dass sich ehemals „fremde“ Menschen mehr füreinander einsetzen. Eine kleine Anekdote mag dies veranschaulichen: Eine alleinerziehende Mutter von vier Kindern, neu hinzugezogen und ohne Auto oder Führerschein, wird von Ehrenamtlichen, welche ebenfalls regelmäßig an den Veranstaltungen teilnehmen, an ihrem Geburtstag besucht. Sie sprechen sich ab, wie sie mit den Kindern und der Mutter in zwei Autos zu einer Veranstaltung kommen oder ob die jugendlichen Kinder mit dem Bus vorfahren und nur ein Auto benötigt wird.
Für solche Absprachen, die in Vereinen, alteingesessenen Gemeinschaften automatisch ablaufen, braucht es für Neu-Hinzugezogene Gelegenheitsstrukturen, die kultursensibel und rassismuskritisch sind. Dazu können Seniorenbüros beitragen.

Gemeinsam leben

Ziel aller Aktivitäten ist ein gutes Zusammenleben, für Menschen jeden Alters und mit all ihren Merkmalen. Aktivitäten, die Neu-Hinzugezogene einladen, Lieblingsorte oder Sehnsuchtsorte von „Alt-Einwohner:innen“ kennenzulernen und damit einen emotionalen Bezug zu dem für sie „neuen“ Ort zu entwickeln, führt zu persönlichen Begegnungen. Mit etwas Kreativität können diese Begegnungen sogar für die Öffentlichkeit festgehalten werden und zu Sichtbarkeit als Einwanderungsgesellschaft beitragen.

Bei all den Gefühlen, die interkulturelle und rassismuskritische Öffnungsprozesse mit sich bringen, ist das wichtigste Gefühl und Projekt-Ergebnis: Spaß! – Spaß für alle, die da sind. Ob „Zielgruppe“ oder Organisator:in im Seniorenbüro, das eigentliche Ziel der Projekte ist Freude an einer guten Gemeinschaft.

Info

Das Thema Sehnsuchtsorte/Lieblingsorte wurde an verschiedenen Standorten durchgeführt. Hier finden Sie mehr Beispiele aus Hanau, wie die Erlebnisse visualisiert und festgehalten wurden. Mehr dazu auch in den Handreichungen.

https://www.artsteps.com/view/628b3fcc7f6b1ebce320a261/

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