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Gibt es Othering in Seniorenbüros?

Es stellt sich die Frage, wo und wie genau die Schnittmenge zwischen dem Thema Othering und der Arbeit in Seniorenbüros entsteht. Viele Seniorenbüros organisieren Veranstaltungen, die irgendwie mit „Kultur“ oder „Kulturen“ zu tun haben. Ob es sich um Musik, Essen, Märchen, Erzähl-Cafés oder anderes handelt, Menschen treffen sich zu Themen, bei denen kulturelle Erzeugnisse ideeller oder materieller Natur im Mittelpunkt stehen.

Im Projekt Generationen-Kulturen-Vielfalt sollen unterschiedliche Generationen angesprochen werden. Gerade für, aber nicht nur für jüngere Menschen spielt die Anerkennung und Akzeptanz ihrer Zugehörigkeiten eine besonders wichtige Rolle. Dies gilt für Menschen mit internationalen Familiengeschichten in besonderer Weise – ob sie selbst Migration oder Flucht erfahren haben oder in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland leben. Die verbindende Fragestellung ist bei aller Verschiedenheit: Wer beschreibt welches „Kulturgut“? – Hilft es einer benachteiligten Gruppe, sich selbst zu repräsentieren? Oder wird dieser Gruppe (unterbewusst) etwas zugeschrieben?

Bei der Bewerbung von Veranstaltungen und während der Durchführung von Aktivitäten steht aus rassismuskritischer Sicht im Vordergrund, ob allen „Kulturen“ die gleiche Offenheit und Hochachtung entgegengebracht werden. Wie würde der Vergleich z. B. bei arabischen Kulturen und amerikanischen oder französischen Kulturen ausfallen? Hier findet häufig eine Hierarchisierung statt. „Westliche“ Kulturen und Sprachen werden nach wie vor häufig aufgewertet.

Tipp

Kultur ist schwer zu definieren. Essenzialistische Vorstellungen von Kultur erzeugen den Effekt, dass Menschengruppen von Anderen wieder beschrieben und bewertet werden – damit wird mit anderen Worten der Prozess, der zu Ungleichheit führt, wiederholt. Die Brisanz der Begriffe „Kultur“ und „Ausgrenzung“ oder „Rassismus“ wird hier gut erklärt:
https://www.idaev.de/recherchetools

Kommunikation kultursensibel und rassismuskritisch denken

Die Multiplikator:innen in den Seniorenbüros versuchen durch eine kultursensible und rassismuskritische Kommunikation diesen vielfältigen Facetten Rechnung zu tragen. Wie kann ein Projekt, das für mehr Sichtbarkeit sorgen möchte, z. B. durch Märchen aus anderen Ländern und Kontinenten, so gestaltet werden, dass keine Fremdzuschreibungen (re-)produziert werden, die Angehörige dieser Kultur verletzen oder in eine Schublade stecken? Was, wenn Angehörige einer Gruppe aber ähnliche oder gleiche Sätze/Bilder formulieren, wie man selbst? Wieso ist das anders zu bewerten?

Im Projekt GeKuVi wurde immer wieder reflektiert, wie notwendig ein Verständnis der eigenen Positioniertheit ist. Dies führte unter anderem zu der Erkenntnis, dass ein und derselbe Satz ausgesprochen von unterschiedlich positionierten Menschen eine völlig andere Wirkung erzeugt.

Definition

Positioniertheit bezeichnet die gesellschaftliche Position, die Menschen aufgrund bestehender Machtverhältnisse zugewiesen wird. Positionierung bezeichnet die eigene, bewusst gewählte soziale und politische Position.
(nach: https://awo-fachdienstemigration.de/media/awo_praxishandbuch_ antidiskriminierungsarbeit_ diskriminierung_erkennen_ und_handeln.pdf)

„Die Italiener können so gut Pizza backen. Kein Wunder, dass Deine so lecker schmeckt“, wirkt auch als Kompliment wie ein Fremdzuschreibung, wenn die aussprechende Person der deutschen Mehrheitsgesellschaft angehört und die zuhörende Person nicht. Die Leistung wird nicht als individuelle Fähigkeit eines Menschen wahrgenommen, sondern mit der Herkunft erklärt. Kommt ein ähnliches Kompliment von einer Person mit gleicher oder ähnlicher Herkunftsgeschichte, wirkt es auf den Betroffenen eben nicht ausgrenzend.

Info

Der Zusammenhang zwischen Sprache, Sprecher-Position, gesellschaftlichen Diskursen hat viele Facetten und wird intensiv beforscht. Einen guten Überblick bietet dieser Artikel:
https://www.bpb.de/themen/ migration-integration/kurzdossiers/ 522754/sprache-macht-migration/

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